Kohlroulade an Scheibe

 
 
 
 
 
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Es war ein nicht besonders heißer Tag als er zum wiederholten Male vor sein Haus ging. Es war ein schönes großes Holzhaus auf das er sehr stolz war und das er ungefähr zehn Jahre zuvor einem armen Bauern abgekauft hatte. Der Bauer war ein witziger Gesell: Brachte er es doch tatsächlich zustande sich gleich nach dem Erhalt des Kaufbetrags eine vorstehende Leiter in den Kopf zu rammen und daraufhin auch noch mit gurgelnden Lauten zu sterben!

Nun ja, da stehen wir also vor diesem schönen Holzhaus und lassen uns die Sonne auf den Bauch scheinen, bzw. eigentlich nicht, da heute ja ein nicht besonders heißer Tag ist. Lassen wir also die Sache mit dem "Bauch-scheinen" und wenden uns nach links wo man flugs den Mann entdeckt, der an diesem nicht besonders heißen Tag zum wiederholten Male vor sein Haus geht.
Nachdenklich kratzte sich jener zunächst an Nase und Gebiss nur um kurz darauf in lautes Wehklagen auszubrechen, das allerdings keinen besonderen Sinn hatte, da ja niemand in der Nähe war um ihm ein wenig die Hand zu tätscheln oder ähnlich tröstende Aktivitäten durchzuführen.
Das deprimierte den Herren verständlicherweise geringfügig und er kehrte wieder ins Haus zurück um noch ein bis zwei Stunden damit zuzubringen stumpfsinnig auf Kaffeetassen oder Tischkanten zu gucken.
Als die Turmuhr schließlich viere schlug überkam es ihn: Er stand auf, rannte in panischer Hektik an den Gasherd, schnappte sich die dort ansässige Axt und schnaufte! Er lauschte und sah sich vorsichtig nach allen Seiten um, nicht ohne die Kohlroulade an der Fensterscheibe zu bemerken. Behutsam und mit krachenden Knochen ließ er sich auf alle Viere nieder und erbrach sich! Sowas widerliches (man muss es wirklich sagen!), also sowas widerliches hatte er noch nie gesehen! Die Kohlroulade besah sich das Erbrochene und dessen Verursacher und glitt noch ein wenig die Scheibe hinab.
Der Mann war derweil wieder ganz Herr seiner Sinne, schnappte die Axt und schleuderte sie mit lautem Gebell, Furz und ähnlichem Geräusch, geradewegs in die Fensterscheibe. Zu erwähnen wäre hier, dass er die Fensterscheibe knapp verfehlte.

Nun, was ist knapp? -- Als 'knapp' kann beispielsweise der Sieg von Hubertus Grünkern 1576 beim Quallenrodeo bezeichnet werden oder vielleicht auch die Tatsache kurz vor'm "eigentlichen" Abend zu entdecken, dass die Frau keine Frau ist. Knapp war auch der Sieg der Rudimentäer über die Jallosen bei der großen Schlacht von Humpelort, 564 v. Chr. (ich erinnere mich immer noch mit Wehmut an die fliegenden Rundkübel!).
Aber auch die Erfindung der gemeinen Hausfliege könnte man "knapp" am Ziel vorbeigeschossen nennen, was aber - meiner Meinung nach - in Kilometer umgerechnet einige Tausend von diesen ergeben würde!

Naja, worauf soll das ganze hinauslaufen? - Richtig: Unser Hausbesitzer verfehlte die Fensterscheibe vollständig, ganz und total! Stattdessen traf und erledigte er kurzerhand den Milchmann, der justament "knapp" neben der Fensterscheibe auftauchte! Der Mann begann zu fluchen, zu schreien, wehzuklagen, zu strampeln, um sich zu schlagen, zu krakelen, rumzubrüllen, Stunk zu machen und und und...   Kurz gesagt: Er war nicht im Gemütszustand "ruhig und gelassen", genauer möchte ich hinzufügen, dass es beängstigend war diesen Mann in ebenjener Verfassung zu beobachten. Tollwutähnlich und absolut hirnkrank gestikulierte der Mann herum: Er war offensichtlich stinksauer!

Mit einer Schnelligkeit, die man der Kohlroulade nie zugetraut hätte, rutschte die Kohlroulade noch ein Stück an der Scheibe hinab. Natürlich nicht ohne ein genüssliches, langgezogenes Quietschen von sich zu geben und im Ausklingen des Rutschens diebisch zu grinsen. Der Mann sprang auf und taumelte rückwärts. Da war was weiches! Er drehte sich erschrocken um und starrte mitten in das Gesicht eines Bären! Ein unglaublich großer und beängstigend brüllender Bär!
Der Bär war sehr hungrig und hatte viele Jahre nichts gegessen. Er (bzw. Sein Magen) knurrte vor Hunger und die Gier in seinen Augen war nicht zu übersehen, vor Allem für den Mann nicht, der ja bekanntlich direkt vor dem Bären stand und die Augen und die darin erwähnte Gier nicht übersah. Mit einem Räuspern und einem "Hulubukaluderum!" riss der Bär sein riesiges (ca. vier Hektar) Maul auf, rülpste und sprang mit einem Satz auf die Kohlroulade zu. "Haps!" und "Mampf" fort war sie, einfach so! Der Bär hatte die eben noch diebisch grinsende Kohlroulade gefuttert.
Witzigerweise hatte der Bär auch das meiste der Fensterscheibe, an der die Kohlroulade hing, gleich mitgefressen und so zerschnitten ihn die Scherben langsam und schön regelmäßig von innen. Die Kohlroulade musste nur noch diebisch grinsend warten bis der Bär schließlich zusammenbrach, verweste und sie wieder frei war!

Viele Jahre später - also etwa 17 Jahre später, bzw. nach dem Rudimentäer-Kalender 18 Jahre später, trat der Mann wie all die Jahre zuvor vor sein Haus, streckte sich, beschloss sich ein wenig die Zehennägel zu rasieren und kaute genüsslich an einem elementaren Stützpfeiler seines Hauses. Da entdeckte er in der Ferne ein Rollen und Stampfen - ja ich möchte sagen: ein Hüpfen - dass es nicht mehr feierlich war, total ohne Rhythmus dachte der Mann, wendete sich wieder seinem Haus zu und wollte wieder hineingehen.
Er spürte nur noch ein Gefühl, als wenn einem eine Kohlroulade von hinten das Gehirn im Schädel zermalmt und wahre Sturzbäche von Blut durch Mund, Nase und Augen gepresst werden. Er taumelte vorwärts, denn in Wirklichkeit, hatte ihn die Kohlroulade zwar am Hinterkopf getroffen, allerdings nur ganz leicht, so dass der Mann nur bewusstlos umfiel (nach ein wenig Taumeln).
Alles gut? Mitnichten! Denn als der Mann (viel zu hart) auf den Boden schlug wurde sein Gehirn im Schädel zermalmt und wahre Höllenfluten von Blut ergossen sich auf seine Veranda.

Hoch aufgerichtet und diebisch grinsend stand darüber die Kohlroulade.

Ein zufällig passierender Meteorit besah sich das Ganze und überlegte nur kurz, bevor er sich gierig auf die Kohlroulade stürzte.


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